Kraftengel

Du hast dich eng an mich angekuschelt, hast mir deinen Rücken dargeboten, den ich streichele, hast die Ohren gespitzt, damit du meiner Stimme lauschen kannst, die dir eine Geschichte erzählt und langsam, ganz langsam wirst du ruhiger, tauchst ab, schwebst mit meiner Stimme, lässt dich tragen, lässt dich an einen ruhigen Ort wehen, fliegst, kommst an, setzt dich und bettest dich. Du hörst mich noch, ein Flüstern nur aus der Ferne, ein Rauschen, ein leises Wispern, das Rascheln der Bäume im Wind, ein Regenschauer im Sommer. Und dann schläfst du. Tief und fest. Im Wissen, dass du nicht allein bist. Dass ich da bin, dich halte, dir Kraft gebe, dich Umarme, wenn du mich brauchst, dir Raum gebe, wenn du den Raum brauchst, dir Zuversicht gebe, Hoffnung gar und Halt.

Du hast es geschafft!

All die Mühen, all die Rückschläge, all die Tiefe und all die Schwärze, das Bodenlose, die Trauer, manchmal gar die Verzweiflung, die Ängste der letzten Monate. Und doch stehst du wieder und immer wieder auf. Rollst den Stein, Sisyphos gleich, immer wieder bergauf. Kämpfst dafür den übermenschlichen Kampf eines Titanen.

Diese Momente, wenn du nach einem weiteren Rückschlag zu Boden gingst, ausgeknockt, kurz vor dem K.O., dich der Ringrichter schon anzählte, doch du einfach nur kurz durchatmetest, weitere Kraftreserven in dir fandest, die Augen wieder aufmachtest, dich langsam mit den Händen abstütztest, dich aufrappeltest, aufstandest, das nächste Ziel vor Augen, es kämpferisch fokussiertest und dich dann mit aller Macht, mit aller Kraft, mit allem Wissen, mit allem was du hattest, auf es stürztest.

Diese Momente, ich werde sie nie vergessen. Diese Kraft, die in dir steckt. Dieser Wille, dieser Dickkopf, dieser Mut, sich dem allem zu stellen, nicht aufzugeben, sondern weiterzumachen. Immer weiter und weiter.

Und dann – endlich – der Erfolg. Du hast es geschafft. Du hast dich durchgesetzt. Du hast allen, die etwas anderes geglaubt haben, gezeigt, das sie unrecht hatten, ihnen den imaginären Stinkefinger gezeigt. Dieser Erfolg ist ganz deiner. Deiner allein.

Und nun: Sei stolz auf dich, auf das, was du erreicht hast, auf das, was du imstande bist zu tun, lecke deine Wunden, ruhe dich aus, komm in meine Arme, lass dich halten, schöpfe ein wenig Kraft, gönn dir etwas. Du hast es verdient, mein Engel!

Ob dich diese meine Worte erreicht haben, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Aber du schläfst ruhiger in meinen Armen. Du entspannst dich sichtlich. Du seufzt einmal auf, rückst näher zu mir, ich umarme dich fester, küsse deine nackten Schultern. Streichele deine Arme, deinen Kopf. Fahre mit meiner freien Hand über deine Haare, streiche sie hinter dein Ohr, streichele deine Wange, dein Kinn. Dann decke ich dich weiter zu, nicht ohne noch einmal deine Schulter zu küssen. Du seufzt wieder. Diesmal zufrieden und glücklich und voller Geborgenheit.

Gute Nacht, mein kraftvoller, mutiger Engel. Schlafe schön. Und wisse, dass ich für dich da bin, dass ich dich liebe.

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