Als ich Schatzi vor über zwei Jahren kennenlernte, war er ein humorvoller Mann Anfang fünfzig und der beste Freund von Dilara. Man konnte sich auf ihn verlassen und wir haben einige Abende miteinander lachend am Lagerfeuer verbracht. Er war offen und man konnte auch mit ihm über ernstere Themen reden. Das ging sogar soweit, dass ich dem Vorschlag zustimmte, mit Dilara zusammen als Untermieter bei ihm in einem wunderschönen Haus am See zu wohnen.
Erste Risse bekam mein Vertrauensverhältnis zu ihm bereits, als er eine kurze Affäre mit meiner besten Freundin „Schwesterchen“ kurz nach der BoundCon 2019 hatte. Er hatte sich ihr gegenüber ziemlich mies verhalten, indem er besprochene Grenzen nicht respektiert hatte, was ich mir zunächst nicht recht erklären konnte. Doch mit jedem Gespräch mit Schwesterchen wurde das Ausmaß deutlicher. Und ich war ziemlich entsetzt. Dass sie einen ziemlich heftigen Fallarm durchs Fesseln mit ihm bekommen hatte, und er sich so gar nicht bei ihr nach ihrem Befinden erkundigte, nährte in mir einen äußerst bitteren Verdacht. Dass es ihm aber wichtig war, die kurze Spielbeziehung mit ihr stotternd zu beenden, indem er ihr sagte, dass er eine Neue kennengelernt hatte, machte es nicht besser. Das eine steht für ein mangelhaftes Verantwortungsgefühl, für Feigheit und vor allem für ein nicht eingestehen können, einen Fehler gemacht zu haben. Das andere sollte wohl taktvoll sein.
Kurz vor unserem Einzug ins Haus, lernte er also jemanden kennen und verliebte sich in sie. Und damit fingen die Probleme an.
Phase 1: Völlige Fokussierung
Das erste, das mir auffiel, war diese völlige Fokussierung auf den neuen Partner. Sie wurde in alles mit eingebunden und ziemlich schnell vereinnahmt. Absprachen zwischen uns wurden zunächst nur mit Verzögerung eingehalten. Später wurde sich gar nicht mehr dran gehalten. So hatte er uns beispielsweise versprochen, dass, wenn wir nur rechtzeitig genug einziehen würden, er uns auch beim Umzug helfen könne. Er versprach, um 7:00 Uhr bei Dilara zu erscheinen, kam allerdings völlig durchgevögelt erst gegen 9:30 an, da wir eigentlich auch noch ein paar Dinge aus meiner Wohnung holen wollten, die 110km entfernt war, verschob sich alles um einige Stunden nach hinten. Was diesen ersten Umzugstag für Dilara und mich zu einem ziemlich langen Tag machte. Auch andere Absprachen, wie zum Beispiel, dass er uns beim Streichen der neuen oder der alten Wohnung helfen wollte, wurde zunächst völlig vergessen. Sprach man ihn darauf an, so reagierte er anfangs noch mit etwas Verlegenheit. Später dann mit schlechter Laune. Am Ende dann hat er tatsächlich noch die neue Wohnung mitgestrichen.
Das, was mir allerdings am meisten Sorgen bereitete, war die Tatsache, dass er sich immer weniger für Dilara zu interessieren schien. Während die beiden sich vorher noch regelmäßig einmal die Woche getroffen hatten, um zu reden, zu fesseln oder einfach gemeinsam Zeit als Freunde zu verbringen, hörte das mit einem Male auf. Gemeinsame Treffen wurden seltener und er verbrachte diese Zeit dann oft mit WhatsApp, um mit seiner neuen Partnerin zu schreiben.
Ich hatte einmal eine Freundin (im Sinne von Freund), die sich mir so gegenüber verhalten hatte. Jedesmal, wenn ein neuer Mann in ihrem Leben auftauchte, war ich abgeschrieben. Ging die Beziehung zu ende, dann tauchte sie wieder auf. Ich habe das zweimal mit mir machen lassen. Doch dann habe ich die Konsequenzen gezogen und sie aus meinem Leben verbannt. So etwas brauchte und brauche ich nicht.
Für jemanden wie Dilara, die unter anderem ein ausgeprägtes Nähe-/Distanz Problem hat und zusätzlich noch immer starken Liebeskummer hatte (und damit eigentlich verlässliche Menschen um sich herum brauchte), brach ein weiteres Stückchen ihrer Welt zusammen. Und ich konnte spüren, wie sich sein Verhalten auf sie auswirkte. Und damit auf unsere Beziehung.
Phase 2: Der doppelte Einzug
Während unser Einzug in die neue Wohnung vor allem eines war: Nämlich unglaublich stressig und anstrengend, weil alles an bestimmten Tagen erledigt werden musste, wurde im Unterhaus kräftig und heftig und vor allem lautstark gevögelt.
Schatzi hatte uns versprochen, die Küche so aufzubauen, dass wir wenigstens Wasser hätten. Und eine Spülmaschine. Oder eine Arbeitsplatte. Hätte mein Schwager nicht den Herd angeschlossen, hätten wir uns vor allem von Rohkost ernähren müssen. Oder essen gehen müssen.
Durch den Umzug hatte ich starke Schmerzen im Rücken mit einseitiger Lähmung bis in die Fußspitzen. Ich hatte mir durch das viele Tragen einen weiteren Bandscheibenvorfall zugezogen. Der Vorteil war immerhin: Ich musste nicht ins Büro fahren, sondern war 6 Wochen krank geschrieben, so dass ich Möbel aufbauen und Kartons ausräumen konnte. – Dilara hatte zu jener Zeit einen sie ziemlich fordernden neuen Job. Zusätzlich zum Liebeskummer. Und zusätzlich zum Umzug. Und zusätzlich zu dem Verhalten von Schatzi.
Im Unterhaus wurde weiterhin heftigst gevögelt, denn seine Partnerin ist auch bei ihm eingezogen. Er ist extra zwei mal 130km einfach gefahren, um bestimmte Klamotten von ihr abzuholen. Da blieb halt einfach keine Zeit mehr, sich um uns und seine Versprechen uns gegenüber zu kümmern.
Ich kannte Schatzi noch nicht so lange und so befürchtete ich zunächst, dass seine Partnerin ihn vereinnahmen würde. Tagsüber, wenn Schatzi arbeiten war, versuchte ich, mit ihr zu reden. Das klappte auch ganz gut. Sie war eine offene und humorvolle Frau. Dilara und ich stellten fest, dass wir sie mochten.
Irgendwann kurz vor Weihnachten sprach Dilara sie einmal direkt an, warum Schatzi kaum noch bei uns ist und sich vor allem nicht an seine Versprechen hielt. Sie antwortete, dass sie das selbst nicht verstehe. Aber sie würde jetzt mal etwas Druck machen. Denn immerhin wohnten wir nun schon zwei Monate im Oberhaus und hatten immer noch keine Arbeitsplatte in der Küche.
Ein paar Tage später kam er dann auch tatsächlich hoch und hat die alte Arbeitsplatte eingebaut. Ein paar Wochen später hat er dann alles ausgemessen und mir aufgeschrieben, was ich beim Baumarkt besorgen soll. Was ich getan hatte. Und Anfang Februar des darauf folgenden Jahres haben wir es auch tatsächlich geschafft, die Arbeitsplatte vom Baumarkt mit seinem Auto zu holen. Und ein oder zwei Wochenenden später hat er sie eingebaut. Wir hatten also nach nicht mal vier Monaten endlich eine funktionierende Küche. Fantastisch.
Es war also bei Schatzi kein sich vereinnahmen lassen. Vielmehr war es ein völliges Ausblenden jedweder anderer Verantwortlichkeiten.
Phase 3: Verhandlungen und Pläne
In dieser Zeit, also kurz vor dem Einzug, hat uns Schatzi des Öfteren erzählt, wie teuer die Miete für ihn allein sei und dass er wirklich dringend jemanden zur Untermiete suche. Ich kenne die Mietpreise in und um München herum und weiss, dass diese ziemlich hoch sein können. Für dieses Haus mit dem Grundstück und in dieser Lage war mir klar, dass er weit über 2000€ im Monat zahlen müsse. Also konnte ich sehr gut verstehen, dass er wollte, dass schnell jemand einzieht. Wir einigten uns auf eine Miete, die ich nicht als allzu hoch empfunden habe. Da er allerdings in finanziellen Schwierigkeiten steckte, wollte er, dass nicht die gesamte Miete im Mietvertrag steht. Er bat mich, dass ich ihm ein Viertel davon jeden Monat bar auf die Hand geben sollte.
Damals hatte ich mir nicht viel dabei gedacht. Und da es sich bei ihm um den besten Freund meiner Partnerin handelte, willigte ich nach Absprache mit ihr ein.
Wie hoch seine gesamte Miete für das Haus war, wusste ich nicht. Ich habe mir nur ausgerechnet, dass wir etwas mehr als die Hälfte zahlen, obwohl seine Wohnung etwas größer war, als unsere.
Allerdings gab es Ärger mit seinem Vermieter. Er weigerte sich, mit uns allen zu sprechen, obwohl Schatzi das als Bedingung für eine mögliche Mieterhöhung gemacht hatte. Nach und nach erfuhren wir einige Details, die in mir immer wieder Alarmglocken bimmeln ließen. Leider habe ich hin und wieder die Eigenart, nicht auf diese Glocken zu hören. Insbesondere dann nicht, wenn gerade viele andere Dinge um mich herum passieren und meine Aufmerksamkeit brauchen.
Eigentlich wollten wir mit dem Vermieter mal sprechen, ob wir das Haus nicht käuflich erwerben könnten. Dazu wollte ich allerdings mehr Details erfahren. Und mit dem Vermieter einmal persönlich reden, uns vorstellen. Nachdem sich der allerdings so gar nicht meldete, legten wir die Pläne aufs Eis. Glücklicherweise, wie sich nach einiger Zeit herausstellte.
Mir gingen zu dieser Zeit einige Dinge nicht aus dem Kopf:
- Schatzi hat sich immer wieder negativ über den Vermieter geäußert
- Schatzi hat sich auch immer wieder negativ über unsere Vorgängerin geäußert
- Sätze wie, „vielleicht hätte ich hier und dort das und das machen sollen“ kamen nicht vor. Er stellte sich selbst nicht in Frage. Ein Mr Perfect? Wohl kaum.
Phase 4: Erste Verstimmungen
Der zentrale Ofen für Warmwasser und Heizung hatte im Winter 2019 immer wieder Probleme. Wir heizten mit Holzscheiten, so dass er zu schnell verrußte und dann nicht mehr ansprang. So waren Schatzi und ich einige Stunden damit beschäftigt, den Ofen auseinander zu nehmen, zu reinigen und zu reparieren. Eine Sauarbeit. Allerdings nutzen wir beide die Zeit, um miteinander über unsere Frauen zu reden.
Es stellte sich heraus, dass seine Partnerin sich weigerte, ihre eigene Wohnung aufzugeben, um komplett zu ihm zu ziehen. Er verstand das nicht. Ich versuchte ihm zu erklären, dass ich das sehr wohl verstehen würde. Vor allem auch deshalb, weil sie noch nicht mal 2 Monate zusammen waren. Sie brauchte einfach die Sicherheit, im Notfall wieder in ihre Höhle zurück kommen zu können.
Verständlich.
Sollten sie erst einmal ein paar Monate mehr zusammen sein, und alles klappte, würde sie sich schon dafür entscheiden, ihre Wohnung aufzugeben. Er solle da einfach Geduld haben und sie nicht bedrängen.
Er verstand mich nicht. Für ihn war alles klar. Sie war die Frau seines Lebens und weigerte sich, alte Zöpfe abzuschneiden. Für ihn war das ein Vertrauensverlust. Oder eine Ablehnung. Oder beides.
Das andere Thema, das er nicht verstand, war dass sie sich weigerte, einen ganzen Tag allein auf seine beiden Kinder aufzupassen, während er arbeitete. Sie war doch Sozialpädagogin. Und damit prädestiniert, auf seine Kinder aufzupassen.
Ich versuchte ihm zu erklären, dass sie seine Kinder noch nie gesehen hatte, also gar nicht wusste, auf was sie sich da einlassen würde. Es wäre also für beide Seiten sehr schwierig. Für sie aber vor allem auch für seine Kinder, die plötzlich von einer wildfremden Frau betreut werden sollten, während eigentlich er nach längerer Zeit mal wieder seine Kids sehen konnte.
Ich sagte ihm, dass Dilara meine Kids erst nach sechs Monaten kennengelernt hatte. Und zwar ganz langsam. Wir waren miteinander essen, auf neutralem Gebiet. Ich hatte es meinen Kindern überlassen, mich zu fragen, ob sie sie kennenlernen könnten. Ich habe viel von ihr erzählt. Und ich habe auch immer mal wieder angedeutet, dass sie sie sehr gerne kennenlernen würde. Aber ich habe auch gesagt, dass es die Entscheidung von ihnen sei.
Aber bei diesem Thema bin ich selbst ein gebranntes Kind. Ich hatte mitbekommen, wie mein Cousin als Kind immer sofort die wechselnden Männer meiner Tante akzeptieren sollte. Das war nicht gut.
Und ein weiterer Punkt auf seiner Grummelliste war, dass sie sich in den letzten Jahren einen Bekanntenkreis aufgebaut hatte und nicht einsah, dass sie diesen für ihn komplett aufgeben sollte. Darunter waren auch einige Rigger, mit denen sie gerne fesseln wollte, was ihm sauer aufstieß. Dazu konnte ich nur sagen, dass er kompromissbereit sein müsse. Natürlich ist es schwierig, wenn der Partner mit jemand anderem eine sexuelle Leidenschaft teilen möchte. Wohin das führen konnte, hatte ich ja selbst gerade erst erfahren. Nur sind nicht alle Menschen gleich und man muss eben bereit sein, zu reden und Grenzen zu setzen.
Es gab also Ende 2019 bereits erste Verstimmungen. Allerdings verstand ich nicht, dass er nicht verstehen konnte, dass alles doch nur eine Frage der Zeit war. Dass er sich, ihr und seinen Kindern nur die benötigte Zeit geben sollte.
Phase 5: Der erste laute Krach
Den ersten Streit zwischen den beiden, den wir im Oberhaus mitbekommen hatten, gab es zu Weihnachten 2019. Eigentlich wollten wir zu viert gemeinsam feiern. Dilara und ich hatten schön gekocht und so wollten wir den Abend einfach nur zu viert genießen.
Dazu kam es nicht, weil sie sich gestritten hatten. Sie kamen dann zwar irgendwann zu uns rauf, aber man merkte sofort, dass sie nicht wirklich bei uns waren. Sie redeten nicht miteinander. Sie war traurig. Er war wütend und in sich gekehrt. Irgendwann – er hatte fast nichts gegessen – stand er einfach auf und ging allein runter in seine Wohnung. Seine Partnerin brach zusammen und weinte. Irgendwann nahm ich eine Flasche von meinem Whiskey und ging zu ihm runter, während Dilara sich um die Frau kümmerte. Das war lautlos zwischen uns abgesprochen.
Wir versuchten beide zwischen den beiden zu vermitteln. Nach einem Gespräch mit Schatzi stellte ich fest, dass es sich weitgehend immer noch um dieselben Themen wie in Phase 4 handelte. Ich versuchte also wieder zu vermitteln. Aber es stellte sich heraus, dass er ziemlich dickköpfig sein kann.
Von diesem Tag an ging es steil bergab zwischen den beiden. Es wurde immer öfter gestritten, dann wieder gevögelt, dann wieder gestritten. Und es ging vor allem darum, dass sie sich nicht ihre Unabhängigkeit nehmen lassen wollte. Etwas, das Dilara und ich sehr gut verstehen konnten. Sie wollte einfach nicht auf ihre Wohnung verzichten, wollte ihren kleinen Neffen öfter am Wochenende sehen und hatte keine Lust, mit seinen Kindern ins kalte Wasser geworfen zu werden. Alles Punkte, die ich sehr gut verstehen konnte.
Irgendwann reichte es ihr. Und sie ist mitten im ersten Lockdown zu sich heim gefahren, um über die Beziehung nachzudenken. Sie gaben sich einen Monat Zeit.
Phase 6: Die Trennung
Es kam, wie es kommen musste: Sie trennte sich von ihm. Insgesamt hat diese Beziehung kein halbes Jahr gehalten.
Damit hätte die Geschichte eigentlich vorbei sein können. Es hätte eine Phase der Trauer folgen können, doch nach einer gewissen Zeit wäre auch diese ausgestanden. Das Leben geht schließlich weiter. Und es gibt einfach viel zu viel Schönes auf der Welt, um sich zu lange mit dem Vergangenen zu beschäftigen.
Doch seine Geschichte fing jetzt erst wirklich an.
Trauer habe ich bei ihm ganz selten gesehen. Vor allem war da eine unbeständige Wut auf sie. Er steigerte sich da rein, hat alles um sich herum vergessen. Es gab nur noch ihn und seine Wut auf sie.
Anfangs haben wir versucht, beruhigend auf ihn einzureden, haben versucht, ihn irgendwie aus seiner Welt zu ziehen und ihn wieder in die Gegenwart zu bringen. So manches mal hatten wir ihn im Schwitzkasten, damit er zu toben aufhörte, wir knieten auf ihm, damit er sich und anderen nichts antut. Ich vermute, einmal habe ich ihm dabei die Schulter versehentlich ausgekugelt.
Fiel er einmal in seine Raserei, schrie er, schlug gegen Wände, zerschlug seine Einrichtung, warf mit Dingen um sich. Und immer wieder dieses Schreien. Guttural. Urtümlich. Irrational.
Mein persönliches Highlight?
Dilara hatte ein Yoga-Wochenende, das aufgrund von Corona eben remote stattfand. Seine 22jährige Tochter verbrachte den ersten Lockdown bei ihm. Es war früher nachmittag und er hatte sich wieder in seine Wut hineingesteigert. Irgendwann klopfte sie bei uns oben, war verängstigt und fragte, ob ich runterkommen und versuchen könne, zu ihm durchzudringen. Ich sollte aber Schuhe anziehen, weil unten alles mit Glasscherben voll sei.
Ich sagte zu und war kurze Zeit später unten. Ich setzte mich in sein Schlafzimmer, sah mir alles an, sah wie er von einem Raum zum nächsten lief, dabei vor sich hinschrie, sein Handy in die Hand nahm, versuchte, seine Ex anzurufen, die ihn blockiert hatte, um dann zum Festnetztelefon zu greifen, um es so zu versuchen. Er trat gegen Wände, schlug gegen Wände, setzte sich zu mir auf sein Bett, warf sein Handy weg, nahm es wieder, weinte, wütete, schrieb ihr WhatsApp-Nachrichten, bettelte, beschimpfe sie… irgendwann nahm ich sein Handy und versteckte es. Ich sagte ihm, er bekomme es erst wieder, wenn er sich beruhigt und wenn er sein Chaos aufgeräumt hätte.
Ich ging raus auf die Terrasse, ließ ihn allein, und schrieb mit ihr, sagte ihr, sie solle ihn auf allen Kanälen blockieren und ihre Passwörter auf diversen Seiten ändern, da ich herausgefunden hatte, dass er sich unter ihrem Namen in Joy eingeloggt hatte. Das hat weitere Wutanfälle ausgelöst.
Wir hatten öfter schon miteinander geschrieben, sie suchte um Hilfe. Außerdem ging es auch darum, dass er ihr Zugang zu ihren Sachen verweigerte. Unter anderem den Zweitschlüssel für ihr Auto und ihre Wohnung. Ich versuchte, zu vermitteln.
Er kam nach einiger Zeit zu mir auf die Terrasse. Ich schlug ihm vor, sich ein alkoholfreies Bier von unten zu holen und sich zu mir zu setzen. Er kam mit seinem Bier wieder zu mir hoch, nahm sich sein Handy, stellte fest, dass sie ihn blockiert hatte und schrie wütend auf. „Diese verdammte Sau!“
Er warf sein volles Bier mit Wucht zu mir. Es prallte am Tisch ab, flog 5m in die Höhe und krachte vor der Garage zwischen Dilaras und meinem Auto auf den Boden.
Ein etwas anderer Winkel, und ich wäre wahrscheinlich nicht mehr in der Lage, diese Zeilen hier zu schreiben.
Das Toben fing wieder an. Dilara kam herunter, sah, was los war, versuchte ihn zu beruhigen. Sie schlug vor, die Polizei zu rufen. Was sie auch tat, während ich versuchte, ihn wieder einzufangen. Auch dabei scheine ich ihm die Schulter ausgekugelt zu haben.
Er bekam mit, dass wir die Polizei gerufen hatten und beruhigte sich. Er wollte sich die Schuhe anziehen und verschwinden, weil das ja ein Vertrauensbruch unsererseits gewesen sei. Ich log ihn an, die Polizei würde gar nicht kommen. Doch keine 15 Minuten später waren zwei Streifen da. Zunächst verbarrikadierte er sich in seiner Wohnung. Als er feststellte, dass das nichts bringen würde, schloss er auf, stellte sich brav und gefasst.
Dadurch, dass ich ihn gezwungen hatte, aufzuräumen, bevor er sein Handy wieder bekäme, waren leider die meisten Spuren seiner Raserei beseitigt. Die Polizei blieb dennoch, bis der psychologische Notdienst eingetroffen war. Ein Polizist sagte noch, er kenne ihn und bei Liebeskummer, da ticke doch jeder mal aus. Und es sei doch nichts passiert.
Phase 7: Dünn und Dünner
Die nächsten 6 Monate vergingen. Meist nachts und an Wochenenden schrie, fluchte und wütete er in regelmäßigen Abständen. Mit dem psychologischen Notdienst vereinbarte er, dass er freiwillig in die Klinik gehen würde, allerdings sei erst Mitte November mit einem Platz zu rechnen. Je mehr Zeit verging, desto unfreiwilliger wurde es. Gegen Anfang November kam ein Brief der Klinik, den er gar nicht erst aufmachen wollte, denn es fehle ihm ja nichts. Das war einer jener Momente, da Dilara ihm heftigst den Marsch blies. Denn er verweigerte auch Medikamente. Er dachte, er könne so weitermachen, wie bisher, während sich ungeöffnete Briefe bei ihm stapelten und unsere Haut immer dünner wurde.
Diskussionen darüber, dass er seiner Ex doch endlich mal Zugang zu ihren Sachen gewähren sollte, wiegelte er brüsk ab mit dem Hinweis, dass er ein Gespräch mit ihr verdient hätte. Er sei ein Zeichen von Respekt. Er lasse sich doch nicht von ihr verarschen. Er nutze also die Tatsache aus, dass er Dinge von ihr zurückhielt, die sie benötigte. Er erpresste sie damit.
Irgendwann fuhr Dilara ihn dann endlich in der Klinik. Und bei uns kam so etwas wie Ruhe auf.
Gegen Anfang Januar 2021 bekam ich eine Nachricht seiner Ex, dass er zugestimmt hätte, dass sie endlich ihre Sachen abholen könne. Sie fragte, wann es uns recht sei, dass sie vorbeikommen und alles abholen würde.
Ich machte einen Termin mit ihr aus, und sie kommunizierte das an Schatzi. Ein paar Minuten später wurde ich von ihm mit Nachrichten bombardiert, was mir einfiele, ihre Respektlosigkeit ihm gegenüber auch noch mitzumachen. Wie könne ich nur über seinen Kopf hinweg einen Termin mit ihr ausmachen. Ich fragte ihn, ob er ihr denn erlaubt habe, zu kommen. Er sagte ja, aber zu seinen Bedingungen.
„Nein, du hast keine Bedingungen mehr zu stellen. Das sind ihre Dinge, ihr Eigentum, auf die sie jetzt bereits 9 Monate wartet. Sie hätte auch die Polizei rufen und sich so Zutritt verschaffen können. Das hat sie aus Respekt nicht getan, daher wirst auch du das respektieren. Punkt. Außerdem werde ich nicht zulassen, dass du dich nach deiner Entlassung wieder in dieses Thema hineinsteigerst.“
Phase 8: Dick und Dicker
Ende Januar 2021 wurde er entlassen und fing seine Routine zu Hause wieder an. Er tickte zwar nicht mehr aus, allerdings merkte man oft wie schwer es ihm fiel. Er datete sich, ignorierte aber uns und vor allem Dilara, die sich zunächst noch Sorgen um ihn machte. Wir versuchten, ihn am Alltag teilhaben zu lassen. Wir kochten, grillten, holten Pizza und luden ihn immer wieder ein. Wir dachten, dass er so vielleicht wieder ankommen und vielleicht wieder der Alte werden würde.
Entschuldigungen? Nein. Fehlanzeige. Dankbarkeit? Nö. Wofür? Einsicht? Worin denn?
Sein Verhalten erinnerte an jemanden, der entweder total manisch Dinge erledigte oder einfach antriebslos da lag. So fing er an, an einem Tag die Garage aufzuräumen und auszukehren (was ziemlich viel Arbeit war) und sich darüber zu beschweren, dass die Katzen überall tote Mäuse liegen lassen. Die restlichen Tage der Woche hörte und sah man von ihm nichts mehr.
Aber dass ich über seinen Kopf hinweg einen Termin mit seiner Ex ausgemacht hatte, also das würde er nicht vergessen.
Aha. Gern geschehen.
Er hatte schon vor seiner Einweisung in die Klinik regelmäßig Dilaras Auto benutzt, um zur Arbeit zu fahren. Sein Auto stand seit März 2020 mit Motorschaden in einer Werkstatt. Sein Plan war, die Reparatur zu bezahlen und es dann irgendwann wieder auszulösen. Es ging insgesamt um 16.000 EUR für die Reparatur. Andere würden sich davon zwei Autos kaufen. Oder drei.
Bis dahin fuhr er weiterhin regelmäßig mit Dilaras Auto. Dankbarkeit? Nein. Fehlanzeige.
Wir mussten Anfang 2021 dringend Pellets für Heizung und warmes Wasser kaufen. Die Kosten dafür haben Dilara und ich uns geteilt. Er meinte, er hätte nicht das Geld dafür. Da es ein äußerst kalter Winter war und wir froren, schlug ich ihm einen Deal vor: wir mieten für unsere eventuellen Gäste noch zusätzlich sein Gästezimmer unten an, bezahlen aber nicht mehr Miete. Er willigte ein. Dankbarkeit? Nein, wozu denn?
Mitte April mussten noch einmal Pellets nachgekauft werden. Er hatte immer noch kein Geld. Also galt der Deal weiterhin. Ein Danke habe ich noch immer nicht gehört.
Wir hatten vier Besucher über den Frühling und Sommer, die sich in seinem von uns angemieteten Gästezimmer jeweils für ein paar Tage eingerichtet hatten. Bereits beim zweiten Gast erklärte er mir hinterher, dass es denen an Respekt fehle, denn sie hätten sich nicht bei ihm bedankt.
Aha.
„Dir ist aber schon bewusst, dass WIR die Gastgeber sind und dass DU Miete für das Gästezimmer von UNS bekommst?“
Es gehe ihm um Respekt. Denn er würde in dieser Zeit ja auf das Zimmer verzichten und könne sich nicht wie gewohnt in seinen 4 Wänden bewegen.
Respekt? Ja genau. Und Dankbarkeit, gell?
„Wir besprechen mit dir bevor wir den Besuch einladen, ob und wann es dir passt. Von dir erwarten wir nur, dass du dich an deine Zusagen hältst.“
Ende Juli 2021 gab er über 16.000€ aus, um sein Auto aus der Werkstatt auszulösen.
„Ich habe jetzt mein Auto wieder“, war alles was wir dazu gehört haben. Nach etwas über einem Jahr Dauernutzung (unterbrochen durch die knapp drei Monate, in denen er in der Klinik war), stellte er Dilaras Auto einfach ab. Ohne es aufgetankt zu haben. Ohne es gewaschen zu haben. Ohne es aus- oder aufgeräumt zu haben. Ohne sich bedankt zu haben. Ohne sich an den Kosten für Steuer oder Versicherung beteiligt zu haben. Es stand einfach da. „Ich habe jetzt mein Auto wieder“.
Aha.
Respekt und Dankbarkeit, gell?
Phase 9: Und Noch Dicker
Anfang August 2021 stand ein junges Pärchen mit Kind vor der Tür, die Schatzi sprechen wollten. Kurze Zeit später klingelte bei uns das Telefon und Schatzi meinte, dass das die Käufer für das Haus seien, die sich vorstellen wollen.
Dilara und ich gingen runter, um uns anzuhören, was sie zu sagen hatten.
„Wir unterschreiben morgen den Kaufvertrag für das Haus und würden gern selbst hier einziehen. Und es wäre uns wichtig, wenn wir uns einigen könnten, dass ihr früher auszieht. Aber wir wollen keinen Streit.“
Das klang in meinen Augen fair. Sie hätten auch gar nicht zu kommen brauchen und uns gleich per Anwalt kündigen können. So jedenfalls ist es mir mit meiner ersten Wohnung und später meiner Schwester bereits passiert. Eines Tages lag ein Anwaltsschreiben im Briefkasten, dass die Wohnung verkauft und dass das Mietverhältnis wegen Eigenbedarf hiermit gekündigt werde. Sie hätte noch 3 Monate, um auszuziehen.
Hier war also jemand, der sich dessen bewusst ist und sich uns gegenüber fair verhalten wollte. Erfrischend!
Sie boten uns an, für unsere Kosten aufzukommen und auch noch etwas drauf zu legen, wenn wir bis Ende des Jahres ausziehen würden.
Das ging jetzt zwar etwas schnell, aber verstehen konnte ich sie. Ich sagte zu, dass wir uns etwas überlegen werden, aber dass wir natürlich nicht versprechen können, bis dahin ausgezogen zu sein, ohne zu wissen, wie der Mietmarkt aktuell aussieht. Aber wir würden mit einem Vorschlag auf sie zurückkommen. Denn Streit – das war mir klar – galt es zu vermeiden. Weder Dilara noch ich hatten dafür freie Kapazitäten. Von Schatzi ganz zu schweigen. Und wozu streiten? Die Rechtslage war klar.
Sie würden das Haus kaufen, haben ein kleines Kind und sie ist mit einem zweiten Kind schwanger. Dass sie einen berechtigten Eigenbedarf haben, stand außer Frage. Wir müssen so oder so früher oder später ausziehen. Also warum dann nicht so, dass man sich im Guten einigte?
Und ehrlich gesagt? Ich war dem ganzen Zusammenleben hier eh seit langem überdrüssig. Für mich war das die Möglichkeit, voller Dankbarkeit respektvoll meinen Hut zu nehmen, und mit Dilara irgendwo neu anzufangen. Ohne Schatzi. Ohne Stress. Ganz ohne Scheiss.
Phase 10: Ganz Elefantös
Nur wie kann man deeskalierend eingreifen, wenn Schatzi seinen Kopf in den Sand steckt und sich tot stellt? Ich versuchte, mit ihm zu reden, uns etwas zu überlegen, wie wir hier alle rauskommen, um irgendwo anders neu anzufangen (auf getrennten Wegen, versteht sich). Irgendwann fand er die Zeit, mit mir zu reden. Er wirkte teilnahmslos. Uninteressiert. Er fing an, über seinen neuen Job zu reden. Ich versuchte, ihn wieder auf das Thema zurückzubringen. Erklärte ihm, dass wir hier raus müssen. Dass wir jetzt die Möglichkeit haben, uns ohne Streit auf etwas zu einigen, so lange wir uns nur entsprechend verhalten und mit den Neuen kommunizierten.
Das, was ich mir von den Verhandlungen versprach, war eine Zusage der Übernahme der Umzugskosten. Denn einen weiteren Umzug werde ich selbst auch aus gesundheitlichen Gründen nicht durchführen können. Also ließ ich mir Angebote erstellen, was ein Umzug kosten würde. Anfangs dachte ich mir auch, dass man ja einen Makler engagieren könne, der den Markt kennt und für uns etwas passendes finden würde. Auch diese Kosten könne man den Neuen vorschlagen. — Schlussendlich klappte aber alles ohne externen Makler und den horrenden Kosten dafür.
Schatzi wollte zusätzlich noch eine Entschädigung für Küche und Gartengeräte.
Nun denn, das wären schon mal Zahlen von unserer Seite, die ich aufbereitete und den Neuen als Vorschlag unterbreitete. Zusätzlich zur Übernahme möglicher Umzugskosten, erwartete Schatzi noch eine Zusage, dass unsere Mietkosten, sollten wir früher ausziehen als er, in irgendeiner Art und Weise übernommen werden. – Das klang doch irgendwie vernünftig.
Klang es wohl auch auf der Gegenseite, denn wir haben ziemlich schnell einen Vertragsentwurf bekommen, in dem dies und mehr festgehalten wurde. Allerdings war das einzige Lebenszeichen von Schatzi ein: „Das ist ja unerhört! Eine Frechheit! Was erlauben die sich?“.
Nun, sie erlauben sich, auf unseren finanziellen Vorschlag entsprechend zu reagieren. Und – bis auf die Zeiträume – ist das genau das, was wir vorgeschlagen hatten. Aber das ist Verhandlungssache. Wir haben einen Vorschlag gemacht. Sie haben ihn aufgenommen und mit weiteren Zahlen unterlegt. Jetzt können wir darauf reagieren und… das nennt man verhandeln.
„Ich verhandele nicht mit jemanden, der behauptet, der neue Besitzer des Hauses zu sein. Die Miete geht immer noch an den alten Besitzer. Also ist dieses Thema für mich jetzt tabu.“
Es dauerte zwei Monate, bis er sich das erste mal bei den neuen Besitzern gemeldet hat. Bis dahin hatten sich die Fronten bereits verhärtet, da er jeglichen Kontaktversuch ihrerseits ignorierte. Zum Glück habe ich die komplette Kommunikation übernommen. Sonst hätten wir weder eine neue Wohnung, wüssten, dass er abgemahnt wurde, dass die fristlose Kündigung kommt und später dann die Räumungsklage. Wir würden als Untermieter hier einfach weiter wohnen, als wäre alles beim Alten, denn der Herr redet ja nicht mehr mit uns. Und stünden plötzlich vor einer Räumungsklage. Yay.
„Wir haben gerade euren Untermietvertrag bekommen. Ist dir eigentlich bewusst, dass ihr als Untermieter einen Großteil der Gesamtmiete an uns zahlt? Er quasi für 200€ monatlich in diesem Haus wohnt?“ Mit dieser Frage fing es an, elefantös zu werden.
Äh. Bitte?
„Er hatte einen solchen Untermietvertrag bereits mit euren Vorgängern abgeschlossen und wurde damals abgemahnt, dass es nicht ginge, dass er sich mit fremden Eigentum bereichere“
Äh.
„Und wieso sagt ihr, dass ihr X zahlt, aber im Mietvertrag 300€ weniger drin stehen? Gibt es noch einen anderen Mietvertrag?“ Nein, das war mündlich zwischen uns vereinbart, weil er damals finanzielle Probleme hatte und darum gebeten hatte, einen Teil der Miete in bar zu bekommen.
„Der eigentliche Grund dafür wird gewesen sein, dass es ihm verboten wurde, eine derartig hohe Miete im Verhältnis zur Gesamtmiete zu verlangen. Außerdem hatte er sich dann mal beschwert, dass er mit euch eine marktunüblich geringe Miete aushandeln musste, weil die Situation so unklar sei.“
Äh.
„Wenn ich jetzt alle Unterlagen der vergangenen Jahre durchgehe, dann wurde ihm bereits vor 3 Jahren schriftlich verboten, weiterhin Untermieter aufzunehmen“
Äh.
Gut, ich weiss, dass ein einmal schriftlich festgehaltenes Recht ohne weiteres nicht zurückgezogen werden kann. Aber würde ich meine „besten Freunde“ einziehen lassen, wenn das Verhältnis zwischen meinem Vermieter bereits so zerrüttet ist, dass er mich fristlos kündigen wollte? Nein. Für mich wäre es ein Zeichen, dass ich mich möglichst schnell nach etwas anderem umschaue. Auf keinen Fall würde ich IRGENDWEN noch als Untermieter nehmen. Denn mein Mietverhältnis kann sich ja schnell ändern. Und damit habe nicht nur ich ein Problem. Sondern meine dann von mir abhängigen Untermieter ja auch. Und das würde ich niemandem antun. Allerdings, wenn man es von seiner Seite her sieht: Mit neuen Untermietern wird es schwerer, ihn zu kündigen.
Äh.
„Euer Mietvertrag sieht vor, dass ihr ein Nutzungsrecht für den Garten habt. Das wurde ihm allerdings auch vor drei Jahren entzogen, da er ihn verwahrlosen lässt und vor allem weil er einen Campingplatz aus dem Grundstück machen wollte. Ihr zahlt also auch für eine Leistung, die ihr eigentlich gar nicht nutzen dürft.“
Ja, auch dieses Recht kann man nicht einfach entziehen. Aber was muss vorgefallen sein, dass ein Vermieter so etwas seinen Mietern sagt. Moment… er wollte einen Campingplatz aus dem Grundstück machen?
Äh.
„Zahlt ihr eigentlich auch noch zusätzlich 75€ Heizkosten, wie eure Vorgängerin, damit er den Ofen schürt?“ – Jährlich? – „Monatlich!“
Äh. Nee. Wir haben die Pellets bezahlt. Und das Holz. Nun, wenn man das aufsummiert und durch 12 teilt… kommen wir auf deutlich mehr.
Äh.
Respekt? Dankbarkeit? Am Arsch.
Phase 11: Eskalation
Im Moment werden wir gerade Zeuge, wie schnell etwas eskalieren kann, wenn er meint, seinen Kopf durchsetzen zu müssen, und wir nicht beruhigend eingreifen. Der alte Vermieter hatte irgendwann anscheinend keinen Bock mehr und wollte nur noch verkaufen. Wenn er gewollt hätte und dran geblieben wäre, würden wir nicht hier wohnen. Und Schatzi auch nicht mehr. Das alles wird mir klar, je mehr ich von seinen vergangenen Eskapaden erfahre.
Natürlich hat er in gewissen Punkten recht. Wenn das Grundbuch noch nicht umgeschrieben wurde, sind die neuen Besitzer noch nicht rechtskräftig die neuen Besitzer. Und ja, streng genommen musste er anfangs auch noch nicht zuhören und mit denen kommunizieren. Und ja, er hat seine Kündigungsfrist und ja, die startet erst in dem Augenblick, da er eine wirksame Kündigung wegen Eigenbedarf bekommen hat.
Aber.
Wenn man sich so gar nicht rührt über zwei Monate lang. Wenn man Anrufe und WhatsApps und Sprachnachrichten völlig ignoriert. Wenn man selbst den Wunsch der Neuen nach einem Besichtigungstermin ignoriert, sich aufregt, weil die sich langsam aufregen. Sich aufregt, weil wir ihm langsam die Hölle heiß machen. Wenn er alles ignoriert und so tut, als wenn nichts sei. Wenn er dann doch endlich redet und völlig überzogene Forderungen stellt (zum Beispiel plötzlich über 42.000€ verlangt, damit er früher auszieht). Wenn er meint, die neuen Besitzer so verarschen zu können. Wenn man dem Überbringer der fristlosen Kündigung einfach die Tür vor der Nase zumacht, sich weigert, zuzuhören, was gefordert ist. Wenn man einfach alles ignoriert, was in der Abmahnung steht, obwohl die meisten Dinge ohne viel Aufwand zu korrigieren sind.
Wenn man all das zusammen nimmt, ist es dann wirklich ein Wunder, dass es eskaliert?
Ist es dann ein Wunder, wenn trotz mehrmaliger Aufforderung, die nicht angemeldeten und verrosteten Anhänger vom Grundstück zu entfernen, plötzlich zwei Abschleppdienste vor der Tür stehen, um eben diese zwei Anhänger kostenpflichtig abzuschleppen?
Ist es wirklich so verwunderlich, wenn trotz Ankündigung, das verschwundene Garagentor zu ersetzen, plötzlich ein weiterer Abschleppdienst vor der Tür steht, weil der Herr es versäumt hat, die Briefe und WhatsApp Nachrichten zu lesen und die Aufforderung, die Garage frei zu machen, schlicht ignoriert hat?
Wenn man sich dann noch aggressiv dem Abschleppdienst gegenüber verhält, ist es dann ein Wunder, wenn dieser die Polizei ruft?
Wenn ich jetzt all diese vermeidbaren Fehler sehe, wenn ich mir anschaue, wie schnell er an einem „Point of no Return“ angekommen ist, wie schnell er jetzt auch finanziell ans Limit gekommen ist, weil er zu stur ist, nachzugeben und einzusehen, dass sein Verhalten vielleicht rechtlich umstritten aber zwischenmenschlich und kommunikativ eindeutig ein Fehler war, stelle ich mir die Frage: wie soll das weitergehen? Und wohin wird es noch führen?
Ein Mensch, Mitte fünfzig, voller Wut und unfähig, sich dem zu stellen, was gerade wirklich wichtig ist. Unfähig, zu erkennen, dass sein Weg selbstzerstörerisch ist und unfähig, sich wirklich helfen zu lassen. Ein Mensch, der anstatt zu reden und proaktiv und umsichtig zu reagieren, lieber Verbote erteilt und um sich schlägt. Ein Mensch, der eigentlich sehr sympathisch ist, dem ich ohne zu zögern eine zeitlang alles gegeben und absolut vertraut habe.
Ein Mensch, der sich selbst aus Blindheit vor einen Abgrund stellt und nicht zögert, einen Schritt weiter zu gehen, wenn er meint im Recht zu sein.
Ein Mensch, der in guten Zeiten alles für einen macht, wenn er einen mag. Ein Mensch, der sich dann aber in einer Blase aus starken Emotionen verkriecht und alles um sich herum ausblendet.
Phase 12: Der Auszug
Wir sind zum 1. November ausgezogen. Ganz genau zwei Jahre nach unserem Einzug. Gab es in dieser Zeit eigentlich auch etwas Positives?
Privat zwischen Dilara und mir auf jeden Fall. Ich hatte ihr im letzten Sommer einen Heiratsantrag gemacht, als sie mal wieder mit ihrer Nase den Bioboden im Hochbeet gerodet hatte und mich mit glänzenden Augen über und über mit Erde verschmiert ansah. Voller Liebe.
Diese zwei Jahre Mist mit Schatzi haben uns eindeutig zusammengeschweisst, auch wenn es eine sehr harte Zeit war. Ich habe sehr schnell lernen müssen, mit ihrem Kritiker, mit ihrem Borderline, umzugehen. Ich habe erkennen lernen müssen, was ich wann ignorieren muss. Ich habe Grenzen ziehen müssen, etwas, das mir immer sehr schwer gefallen ist. Ich habe gelernt, nein zu sagen. Ich denke, dass mir all das nach einigem Trial & Error auch ganz gut gelungen ist. Und auch weiterhin gelingen wird.
Aber dennoch: Wir sind jetzt zweieinhalb Jahre zusammen. Und die meiste Zeit ging es um andere Menschen in unserer Beziehung. Sei es der Exdom, der sie einfach in die Ecke gestellt und abgeschrieben hatte, mit der Folge, dass sie über ein Jahr lang Liebeskummer hatte und dass sie sich auf mich als ihren Partner nur noch sehr schwer einlassen konnte. Dass sie mir in manchen Dingen einfach nicht mehr vertrauen konnte. Oder sei es eben ihr bester Freund Schatzi. Es ging aber auch um meine Exfrau und meine Scheidung. Es ging um meinen Vater, der an Krebs erkrankte. Es ging um meine Kindheit. Es ging ums Annehmen derselben und ums Verarbeiten, damit ich mit den aktuellen Herausforderungen umzugehen lernte und nicht in alte Muster zurückfalle.
Viel zu selten ging es wirklich um uns und unsere Bedürfnisse als Paar. Es ist eindeutig an der Zeit, dass wir uns mal um uns und nur um uns kümmern. Wir haben jetzt alles getan, um die Weichen für eine positive Zukunft zu stellen.
Und diese gilt es zu greifen und zu genießen.
Auf eine glückliche Zukunft! Auf ein Neues!
Ich wünsche es Euch so sehr.
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